Hilfe für Königstein (Sachsen)
In einer groß angelegten Soforthilfeaktion haben 150 Einsatzkräfte aus dem Hochtaunuskreis die Aufräumarbeiten in der Partnerstadt Königstein unterstützt. Dort war die Altstadt von einem Wasserstand der Elbe von 10 Metern total überflutet worden, das Telefonnetz und die Stromversorgung sowie die meisten Zufahrtsstrassen zum Ort wurden unterbrochen. Ich war selbst vom DRK aus im Einsatz und möchte diesen hier kurz schildern.
Hinweis: Bei diesem Bericht handelt es sich um einen persönlichen Einsatzbericht und NICHT um eine offizielle Pressemeldung des DRK Kreisverbandes Hochtaunus

 
  Ausgangslage
Die Stadt Königstein/Sachsen bittet die Stadt Königstein/Taunus um Hilfe. Die untere Katastrophenschutzbehörde des Hochtaunuskreises lässt anfragen, wie viele freiwillige Helfer für einen Hochwassereinsatz in Königstein/Sachsen zur Verfügung stehen würden. Am Donnerstag (15.08.2002) werden in Telefonketten die einzelnen Helfer der Organisationen abgefragt, zunächst ist von einem Einsatz über das Wochenende die Rede. Spontan melden sich mehr als 120 Feuerwehrleute, das DRK bekommt mit 62 Kräften zwei komplette Betreuungseinheiten, eine Verpflegungseinheit, eine Technik- und eine Unterkunftsgruppe zusammen und der MHD sagt einen RTW mit Besatzung zu. Da die Wassermassen in Königstein zunächst nur langsam zurückgehen und an Aufräumarbeiten noch nicht zu denken ist, wird der Start des Einsatzes von Freitag auf Sonntag und für die Feuerwehr auf Montag verschoben. Geplant ist eine Einsatzdauer bis Donnerstag. Obwohl nun Werktage für den Einsatz geplant sind, bleiben die freiwilligen Helfer bei ihrer Zusage.

 
  Vorauskommando - 18.08. 5:30 Uhr
Am Sonntag, den 18.08.2002 werden zunächst die Einheiten des ersten Betreuungszuges des DRK mit 30 Einsatzkräften und ein Vorauskommando der Feuerwehr mit 8 Einsatzkräften nach Königstein entsandt, um eine Notunterkunft für die nachrückenden 120 Einsatzkräfte der Löschzüge einzurichten und das Einsatzgebiet zu erkunden.
Sonntag, 5:30 Uhr
Die Einsatzkräfte des DRK und der Feuerwehr sammeln sich in Oberursel auf der Wiese vor der Firma Rolls-Royce. Kreisbereitschaftsleiter Manuel Gonzalez begrüßt die Einsatzkräfte und liest den Marschbefehl vor und übergibt die Einsatzleitung für Sachsen an den Kreisbrandinspektor Carsten Lauer. Die Einsatzleitung für das DRK soll Axel Wick übernehmen. Nachdem die Marschfolge festgelegt wurde und noch ein paar "mahnende" Worte über den Eigenschutz und die Einsatzdisziplin verloren wurde ("ich bin in einer Stunde da unten und hole Euch persönlich ab :-)" startet der Hilfstross um 6:15 Uhr nach Sachsen. Die 8 DRK-Fahrzeuge werden dabei von 3 Feuerwehrfahrzeugen begleitet, unter anderem von einem Flutlichtfahrzeug.

 
Der Konvoi bewegt sich mit einer angeordneten Durchschnitts- Marschgeschwindigkeit von 60 km/h in Richtung Königstein und ein schöner Sonnenaufgang tröstet die Helfer etwas über das mulmige Gefühl in der Magengegend hinweg:
Was wird uns dort erwarten? 
Wie werden wir selbst untergebracht sein? 
Welche Gefahren gehen von diesem Einsatz aus?
Gibt es dort überhaupt Trinkwasser und Strom?
Unterwegs werden mehrere kurze Pausen eingelegt, um Betriebstoffe aufzunehmen, die Fahrzeuge zu kontrollieren und menschliche Bedürfnisse zu befriedigen. Auch hier ist die Stimmung unter den Einsatzkräften gedrückt und es wird viel diskutiert, wie der Einsatz ablaufen könnte.
Nachdem es erst hiess, dass die Einsatzkräfte auf einem Sportplatz und in einem angegliederten Vereinsheim untergebracht werden, wurde nun von der Firma Wismut eine Etage eines Bergwerkbetriebes zur Verfügung gestellt. Der Hilfstross trifft nach fast 10 Stunden Fahrt gegen 16 Uhr dort ein und zunächst machen sich die Führungskräfte ein Bild von den Gegebenheiten in der Notunterkunft.

 
  Erkundung der Unterkunft - 18.08. 16 Uhr
Die Einsatzkräfte sind glücklich, dass sie durch die großzügige Unterstützung der Firma Wismut ein festes Dach über dem Kopf vorfinden und sogar ausreichend Duschen vorhanden sind. Untergebracht werden jeweils 60 Personen in zwei großen "Kauen" (so heissen die Umkleideräume der Bergleute), die restlichen Einsatzkräfte in Zelten. Die beiden Kauen im 3. Stock wurden bis 1990 genutzt, heute wird mit einer verkleinerten Mannschaft das Bergwerk ökologisch saniert und kein Uranerz mehr abgebaut. In den anderen Stockwerken sind die Kauen noch in Betrieb und es wird in 3 Schichten gearbeitet. Obwohl kein Uran mehr gefördert wird, bleibt auch hier ein leichtes mulmiges Gefühl zurück, da wir angewiesen wurden, aus Strahlenschutzgründen keine anderen Teile des Betriebes zu betreten.
Bei der ersten Inspektion der Kauen wird festgestellt, dass mehrere der an der Decke (in 5 Metern Höhe) befestigten Haken, an welchen die Bergleute ihre Wäsche aufhängen und zum Trocknen hochziehen, lose sind und auf die Einsatzkräfte zu stürzen drohen. Einzelne Haken sind bereits bis auf Feldbetthöhe heruntergefallen. Sofort macht sich der Techniktrupp des DRK an die Arbeit und sichert die Zugseile der Haken mit zusätzlichen Drähten, so dass diese nicht mehr von den Halterungen abrutschen können.
Der Verpflegungstrupp hat großzügigerweise die Kantinenküche des Betriebes zur Verfügung gestellt bekommen und richtet sich hier ein. Dadurch kann auf unsere mitgeführte Feldküche verzichtet werden. Zum Glück, denn wie sich in den nächsten Tagen herausstellen wird, muss der Verpflegungstrupp statt der geplanten 160 Portionen für die eigenen Einsatzkräfte nun bis zu 700 (!) Portionen für die freiwilligen Helfer in Königstein und die örtlichen Einsatzkräfte von THW und Feuerwehr bereitstellen. Für diese Menge ist unsere Feldküche jedoch nicht vorgesehen. An dieser Stelle möchte ich den 5 Mann/Frau des Verpflegungsstrupps meinen Respekt aussprechen, denn sie haben diese neue Herausforderung gemeistert, obwohl zwischendrin das Kühlhaus ausgefallen ist und alle vorgekochten Mahlzeiten und viele Zutaten entsorgt werden mussten. Ich hoffe, die Feuerwehr "verzeiht" uns, das es wegen dieser Panne "nur" Suppe gab.

 
 
 
  Einrichtung der Unterkunft - 18.08. 17:30-24:00 Uhr
Nachdem alle Haken an der Decke gesichert worden sind, werden die Böden und die Duschen grundgereinigt. Anschliessend werden bis zum Abendessen um 21:00 Uhr wenigstens die Feldbetten aufgebaut, die der Voraustrupp für seine eigenen Einsatzkräfte benötigt. Ausserdem werden Tische und Bänke für die Verpflegung aufgebaut und zwei Zelte mit jeweils 30 Quadratmetern Grundfläche (SG 30). Für die weiteren 120 Feldbetten für die Kameraden der Feuerwehr und weitere Zelte fehlt den Einsatzkräften, die teilweise seit über 20 Stunden auf den Beinen sind, die Kraft, so dass die Arbeiten auf den nächsten Morgen, 7:00 Uhr, vertagt werden.
18.08.2002 24.00 Uhr
Die meisten Einsatzkräfte sind nach fast 20 Stunden Dienst, davon 10 Stunden Kolonnenfahrt, "hundemüde" in ihre Feldbetten gefallen. Beim Blick nach oben an die Decke sind wir froh, dass unsere Technikgruppe die Haken gesichert hat. Einzelne Helfer überlegen scherzhaft, ob sie besser mit Helm schlafen sollten...
  Einrichtung der Registrierung etc. - 19.08. 07:00 Uhr
Da gegen 16 Uhr der Hilfstross der Feuerwehr mit 120 Einsatzkräften und 25 Fahrzeugen in Königstein erwartet wird, werden gleich nach dem Frühstück weitere 120 Feldbetten in den 3. Stock getragen und aufgebaut. Ausserdem wird die gleiche Menge an Decken, Kopfkissen und Waschbeuteln vorgehalten. In den Gängen werden Handlampen positioniert, falls der Strom ausfallen sollte.
An der Pforte wird eine Registrierung für die Unterkunft eingerichtet. Jede Einsatzkraft bekommt eine Karte, die zwischen den Magazinen "in der Unterkunft" und "ausserhalb der Unterkunft" umgesteckt wird, sobald die Einsatzkraft die Unterkunft verlässt. So ist gewährleistet, das abends auch wirklich alle Einsatzkräfte wieder vollständig in der Unterkunft sind. Ausserdem werden die Telefonnummern der nächsten Angehörigen und die Zugehörigkeit zu den einzelnen Löschzügen oder Gruppen registriert.

 
  Verpflegung der ersten Einsatzkräfte vor Ort - 19.08. 12:00 Uhr
Der Verpflegungstrupp hat warme Mahlzeiten gekocht, welche mit mehreren Fahrzeugen an die verschiedenen Einsatzstellen gebracht und dort von den Helfern des DRK ausgegeben werden. Auch mehrere Paletten mit Mineralwasser und Apfelschorle werden an die Einsatzkräfte und die vielen freiwilligen Helfer aus den Nachbarortschaften verteilt. Da in Königstein auch der Strom ausgefallen ist, ist das für viele Menschen die erste warme Mahlzeit seit mehreren Tagen. Es spricht sich schnell herum, dass es etwas zu Essen gibt, so dass die Portionen von Tag zu Tag immer mehr werden. Um Zutaten aus einem Großmarkt bei Dresden (ca. 50 km) zu holen sind die Küchenhelfer teilweise bis zu 6 Stunden unterwegs, da der Verkehr völlig zusammengebrochen ist und Ampeln nicht mehr funktionieren.

 
  Bereitstellung von Helfern zur Versorgung von Verletzten - 19.08.
Da der Rettungswagen des Malteser Hilfsdienstes aus Usingen erst gegen 16 Uhr mit dem Hilfstross der Feuerwehr erwartet wird, werden ein Rettungssanitäter und ein Sanitäter des DRK mit einem Mannschaftstransportwagen und zwei Notfallrucksäcken zur Einsatzstelle geschickt, um die zügige Versorgung von verletzten Einsatzkräften sicherzustellen. Zum Glück kommen diese Helfer bis auf kleinere Hilfeleistungen nicht zum Einsatz.

 
 
  Organisation von Sondermüllfässern - 19.08. 15:00 Uhr
Die örtliche Einsatzleitung hat in einer überschwemmten Apotheke mehrere Flaschen mit unbekannten Chemikalien gefunden. Ausserdem sind alle Medikamentenpackungen aufgeweicht. Mit einem ortskundigen Lotsen, der weiss, welche Strassen befahrbar sind, bekomme ich den Auftrag, Sondermüllfässer zu holen. Als der Lotse sich in der Firma meldet, heisst es zunächst, dass wir eine Stunde zu warten hätten, da Mittagspause sei. Als die Arbeiter jedoch unser Fahrzeug und meine Einsatzkleidung sehen, ändert sich die Lage. Jetzt bekommen wir die Fässer nicht nur sofort sondern auch gleich geschenkt.

 
  Fertigstellung der Unterkunft - 19.08. 12-15 Uhr
Da nach ersten Ankündigungen aus der Heimat mehr Feuerwehrleute mit dem Konvoi gestartet sind, als zunächst erwartet und eingeplant wurden, werden vom DRK weitere Zelte aufgebaut. Die nötigen Feldbetten sollen vom Zug mitgebracht werden, da unser Vorrat mittlerweile erschöpft ist. Trotzdem fehlen abends plötzlich ein paar Betten, da einige der mitgeführten Betten defekt oder unvollständig sind.  Glücklicherweise können uns von der Firma Wismut Klappbetten zur Verfügung gestellt werden.
Da die Duschen keine Türen haben, werden Drahtseile gespannt und Einmaldecken als Sichtschutz angebracht. Ausserdem wird vor den Duschen ein Hygienebereich abgetrennt, welcher nicht mit Schuhen betreten werden darf. Alle Bereiche der Notunterkunft werden mit entsprechenden Hinweisschildern und Wegweisern zu den einzelnen Funktionsbereichen versehen.

 
  Der erste Löschzug aus dem Hochtaunuskreis trifft ein - 19.08. 14.30 Uhr
Um 14:30 Uhr trifft der erste Löschzug aus dem Hochtaunuskreis ein, welcher um 5 Uhr morgens von der Glöckler-Wiese in Oberursel gestartet war. Zugverbandsleiter ist Werner Wick aus Grävenwiesbach. Begleitet wird der Zug von einem Rettungswagen des Malteser Hilfsdienstes, welcher hauptsächlich der Eigenabsicherung der Einsatzkräfte dient. Die nachrückenden Einsatzkräfte werden von einem helfer des DRK eingewiesen.
Da die Löschzüge noch am selben Abend in Königstein ihre Arbeit beginnen sollen, wird der RTW des MHD als Vorauskommando in die Stadt entsendet und löst dort die Sanitätskräfte des DRK ab. An dieser Stelle möchte ich die gute hifsorganisationsübergreifende Zusammenarbeit mit dem MHD bei diesem Einsatz nochmal hervorheben.

 
  LKW mit Hilfsgütern trifft ein - 19.08. 16:00
Mittlerweile ist auch der Actros der Firma Barth Galvanik mit Hilfsgütern aus dem Taunus (Babynahrung, Mineralwasser, Feuerwehrausrüstung etc.) eingetroffen. Wir versuchen zunächst, mit dem großen, Fahrzeug direkt nach Königstein zu fahren (kleines Bild). Da das aufgrund der engen Gassen nicht funktioniert, wird die Ladung auf zwei kleinere Fahrzeuge von Feuerwehr und DRK umgeladen. Eine örtliche Tankstelle stellt und dafür kostenlos einen Gabelstapler zur Verfügung, der uns die Arbeit wesentlich erleichtert. 

 
  Einrichtung der Einsatzleitung vor Ort - 19.08. 16 Uhr
Gleich nach ihrer Ankunft richtet die TEL in dem ELW eine mobile Einsatzleitung ein. Ausserdem wird ein Raum der Grundschule für die Einsatzleitung reserviert, in einem weiteren werden 21 Feldbetten aufgebaut, damit die technische Einsatzleitung von Feuerwehr, MHD und DRK direkt vor Ort bleiben kann.
Langsam wird es voll in Königstein, immer mehr Fahrzeuge aus dem Hochtaunuskreis sind im Ort eingetroffen. Ich werde von Einheimischen angesprochen: "Gehören Sie auch zu der hochtechnisierten Einsatzeinheit aus dem Hochtaunuskreis, die ihre Kaffeemaschinen vergessen hat?". Aus dem Rathaus wird die Einsatzleitung mit Kaffee versorgt, da die Kaffeemaschinen alle in der Unterkunft im Bergbaubetrieb sind.

 
  Alle 5 Löschzüge sind eingetroffen - 19.08. 17:30
Mittlerweile sind alle 5 Löschzüge mit insgesamt 25 Fahrzeugen aus Bad-Homburg, Oberursel, Friedrichsdorf, Königstein, Usingen und Neu-Anspach an der Einsatzstelle eingetroffen. Die 120 Feuerwehrmänner und -frauen wurden registriert und warten zwischen ihren Fahrzeugen auf den ersten Einsatz.

 
  Versorgung von Halbestadt mit Lebensmitteln - 20.08. 12:30 - 16.00
Nachdem in der Nacht unser Kühlhaus ausgefallen ist, und 300 Mahlzeiten "umgekippt" sind, muss das Team der Küche improvisieren und Nudelsuppe kochen. Ich bekomme den Auftrag, mit einem Kollegen die Suppe und Getränke nach Halbestadt auf die andere Elbseite zu bringen. Obwohl die Häuser nur einen Sprung weit entfernt sind, gestaltet sich diese Aufgabe schwieriger als erwartet, da die Fährverbindung unterbrochen ist und die Strassen am Elbufer noch nicht befahrbar sind. Wir beladen den VW LT des DRK Neu-Anspach und starten in Richtung Halbestadt. Unterwegs bekommen wir die Nachricht, dass der geplante Waldweg von unserem Fahrzeug aufgrund der niedrigen Bodenfreiheit nicht passiert werden kann. Nun muss improvisiert werden....
Als Hilfe schickt man uns den "Dekon-P" der Feuerwehr Oberursel (Bommersheim) mit Besatzung und ortskundigem Lotsen. Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um einen allradgetriebenen MAN 10.163 mit 155 PS. Wir laden unsere Thermophoren um und eine abenteuerliche Fahrt von 50 Minuten beginnt. Durch steile Waldwege, knietiefen Schlamm und über mehrere Wasserrinnen fahren wir auf einem großen Umweg nach Halbestadt. Ohne den ortskundigen Lotsen hätten wir das vermutlich nie gefunden. Mehrmals kippt das schwere Fahrzeug "bedrohlich" auf die Seite und oft peitschen Äste durch die geöffneten Fenster. Die ganze Zeit über hoffen wir, dass uns keiner entgegenkommt, denn das würde mindestens 2 Stunden Rückwärtsfahrt bedeuten. Als wir ankommen, werden wir von einer Passantin empfangen "Ihr habt wirklich Essen für uns, das ist wunderbar" und später, als die Laderampe sich senkt und die Thermophoren sichtbar werden "das ist ja sogar warmes Essen...ich kann's gar nicht glauben". Nun wissen wir, dass sich der beschwerliche Weg gelohnt hat, auch wenn ich den Kameraden der Feuerwehr etwas "handfestes" (Schnitzel, Steak... :-)) gegönnt hätte, da sie sich teilweise bis zur völligen Erschöpfung in Halbestadt verausgabt haben. Ein Kollege sagte mir später "Heute hat alleine unser TLF 65.000 Liter Wasser gepumpt".

 
  Die vergessenen Helfer vom THW - 20.08. 16:00
Auf der Rückfahrt aus Halbestadt winkt uns eine Gruppe von THW-Helfern zu, die mit ihrem Boot am Elbufer festsitzen. Sie haben seit 12 Stunden nichts gegessen und getrunken und ihre Ablösung ist auch noch nicht gekommen. Da unsere Thermophoren leer sind, geben wir den Helfern zunächst unsere eigenen Wasserflaschen. Ich telefoniere mit der Einsatzleitung und unserer Küche und spontan werden weitere Portionen gekocht, die wenig später den THWlern gebracht werden können. Nachdem uns diese Gruppe nun bekannt ist, wird sie von unserer Einsatzleitung mit in das Einsatzkonzept eingebunden. Wenig später kommt auch noch unerwartete Spontanhilfe in Form von zwei Amphibienpanzern aus Polen.

 
  Die Aufräumarbeiten der Feuerwehr - 19.-21.08.2002
Ich habe keine Feuerwehrausbildung, deshalb kann ich hier nicht im Einzelnen beschreiben, was die Feuerwehr geleistet hat.
Aber ihr habt mich wirklich beeindruckt! Als ihr abends heimgekommen seid, haben Eure Anzüge nach Öl gestunken, dass man schon im Vorbeigehen high werden konnte. Wie musste das erst in dem Keller gewesen sein, den ihr leergepumpt habt? Ihr habt bei 30°C bis zum Umfallen geschuftet und ihr hattet bestimmt, genau wie wir, viele bewegende Gespräche mit Einheimischen, die vieles oder sogar alles verloren haben. Die Bilder sind schlecht, weil ich sie fast alle beim Autofahren gemacht habe, Eure Leistung dagegen war "super".

 
  Persönliches Fazit
Dieser Einsatz hat alle eingesetzten Kräfte bis ans Ende ihrer Leistungsfähigkeit gefordert. Es gab viele bewegende und rührende Momente in der Begegnung mit den Leidtragenden dieser Hochwasserkatastrophe. Ich war tief beeindruckt über die Solidarität und Hilfsbereitschaft der Menschen untereinander. Jeder hat mit angepackt und Nachbarn, die vorher kein Wort gewechselt hatten, wurden zu Freunden. Da kamen Einwohner auf uns zu und wollten ihr letztes Brot mit uns teilen, obwohl sie selbst nichts zu essen hatten. Da haben Menschen vor Dankbarkeit über eine warme Suppe mit den Tränen gekämpft. Andere waren froh, ihr Schicksal jemandem erzählen und es damit wenigstens etwas ablegen zu können. Wir hätten noch Wochen länger bleiben können, denn wir haben nur einem einzigen, kleinem Ort geholfen. In der Nachbarschaft gibt es viele Ortschaften, denen diese Hilfsbereitschaft nicht zuteil wurde. Trotzdem sind wir, denke ich, alle froh, nicht nur zugesehen sondern tatkräftig mit angepackt zu haben. Manch einer wird noch lange brauchen, diesen Einsatz für sich selbst zu verarbeiten, keiner von uns wird ihn vergessen. Wir sind alle um eine Erfahrung reicher geworden, die wir nicht missen möchten.

 
  Persönliches Fazit von Michael Haub, Stadtbrandinspektor der Feuerwehren der Stadt Usingen 
Für den Hochtaunuskreis war es der erste (Katastrophen)Einsatz dieser Größenordnung. Nur dem großen Engagement aller Einsatzkräfte ist es zu verdanken, dass dieser über mehrerer Tage dauernde Einsatz zum gewünschten Erfolg für die betroffenen Menschen, aber auch für die Einsatzkräfte, geführt hat.
Alle Einsatzkräfte haben ihr Können unter Beweis gestellt und ihr Bestes gegeben.
Viele Schicksale, Emotionen, Gerüche und die gesammelten Eindrücke wird man wohl sein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen.
Zu den eigentlichen Tätigkeiten der Feuerwehren möchte ich mich an dieser Stelle nicht äußern, da die bereits in der Berichterstattung von Björn gemachte Aussage über diese Arbeiten wohl beschreibend für alle Feuerwehrtätigkeiten ist und sich auch Unbeteiligte ein Bild über das Wirken der Feuerwehreinheiten machen können.
Dieser Einsatz hat alle Hilfsorganisationen im Hochtaunuskreis zusammenwachsen lassen. 

Mit dem Wunsch, dass alle Einsatzkräfte und die Betroffenen diese Katastrophe gut verarbeiten werden verbleibe ich

mit kameradschaftlichen Grüßen

Michael Haub
Stadtbrandinspektor der Feuerwehren der Stadt Usingen


 
  Persönliches Fazit von xx, aus yy
Wenn einer der eingesetzten Kräfte hier gerne sein persönliches Fazit ergänzen möchte (z.B. Kameraden der Feuerwehr), dann schreibt mir einfach eine kurze email an: mail@bjoernheumann.de Ich werde eure Meinung dann hier veröffentlichen. Auch Kommentare von Unbeteiligten sind immer willkommen.

 
Bericht und Fotos (c) Björn Heumann, DRK-Friedrichsdorf. Alle Fotos dürfen von den eingesetzten Helfern für eigene Zwecke frei verwendet werden, es wird vermutlich auch eine gesamt Foto-CD erstellt, die dann auch mehr Fotos der Feuerwehr erhält.